Sie suchen in einem Online-Shop einen Sessel - und der Algorithmus schlägt Duschvorhänge vor? Sie suchen schicke Pumps - und empfohlen werden eher profane Gesundheitssandalen?
Wenn man sich die Produktvorschläge in Online-Shops ansieht, reibt man sich oft verwundert die Augen. Die klassische Empfehlungstechnologie versagt. Visual-Intelligence-Software wie vviinn könnte dieses Problem lösen – und letztlich mehr Umsatz generieren.
Unser CEO Philipp Derksen hat dazu einen Gastbeitrag in der führenden deutschen Fachzeitschrift @Horizont geschrieben.
In den meisten Onlineshops wimmelt es vor nutzlosen Produktvorschlägen. Dabei können sinnvolle Produktempfehlungen ein wirkungsvoller Umsatzhebel sein. Visuelle Intelligenz könnte dabei helfen, dieses Potenzial besser zu nutzen. Wie das funktioniert, erklärt Philipp Derksen, der mit Vviinn eine KI-basierten Softwarelösung für visuelle Produktsuche und Produktempfehlungen für Onlineshops entwickelt hat.
"Oftmals wissen die Leute nicht was sie wollen, bis man es ihnen zeigt". Dieser vielleicht berühmteste Satz des Apple-Gründers Steve Jobs stimmt immer noch. Vor allem im Online-Handel ist das Zeigen von Produkten so wichtig wie nie zuvor. Recommendations machen bei E-Commerce-Riesen wie Amazon inzwischen mehr als ein Drittel der Umsätze aus. Netflix erzielt 75 Prozent seiner Reichweite auf Grund von Recommendations. Das Verkaufskonzept "Wenn du dich für dieses Produkt interessiert, helfen dir vermutlich auch diese Alternativen" kann ein echter Umsatzbooster sein – wenn man es denn richtig anwendet.
Hier liegt das Problem. Viele Online-Shops nutzen die große Chance nicht richtig, die ihnen der Umsatzhebel Produktempfehlungen bietet. Beim Blick auf das alltägliche Vorschlagswesen in Onlineshops reibt man sich nicht selten verwundert die Augen. Ein paar Beispiele aus der deutschen E-Commerce-Realität:
Wer beim Online-Möbelhändler Poco einen Cocktailsessel in seinen Warenkorb legt, bekommt vorgeschlagen: einen Barhocker, einen Besteckeinsatz und einen Duschvorhang.
Wer beim Online-Modehändler Meinfischer auf ein grünes Sommerkleid klickt, erhält unter der Rubrik "Lassen Sie sich inspirieren" als weitere Vorschläge: schwarze Hosenanzüge und weiße Blazer.
Wer auf Schuhe24.de nach roten Pumps sucht, sieht unter der Überschrift "Das könnte dir auch gefallen" eine Auswahl recht profaner Gesundheitssandalen.
Die Reihe solch verunglückter Recommendations ließe sich endlos fortsetzen. Die Beispiele entbehren oft nicht einer gewissen unfreiwilligen Komik. Aber die Händler lachen darüber vermutlich nicht. Dahinter steckt ein ernstes Problem.
Die Mehrheit der Shopbetreiber ist mit dem Thema Recommendations überfordert. Die meisten Händler haben scheinbar weder die Kapazitäten noch die Möglichkeiten dafür, ihren Kunden wirklich sinnvolle Produktempfehlungen zu machen. Sie verfügen gar nicht über die immense Menge von Daten, die dazu nötig wäre. Und selbst, wenn sie ausreichend große Datenpools hätten, könnten sie kaum die nötigen Kapazitäten dafür aufbringen, diese sinnvoll zu analysieren und in Echtzeit zu verarbeiten. Große Player wie Amazon und Co. bekommen das hin. Die Mehrzahl der europäischen Händler nicht.
Das Ergebnis sind Produktempfehlungen wie jener Duschvorhang, der dem Interessenten für Cocktailsessel ans Herz gelegt wird. Man darf unterstellen, dass in diesem Fall keine komplexen Algorithmen errechnet haben, dass die Zielgruppe für grüne Sessel eine große Überschneidung mit den Liebhabern weißer Duschvorhänge hat. Sollte ich mich irren und hinter den von mir genannten Beispielen doch höhere Wissenschaft stecken, erkenne ich das gerne an und freue mich über belehrendes Feedback.
Ich glaube allerdings, es dürfte sich schlicht um das Phänomen handeln, dass ich Bestseller-Bubble nenne. Auf dürftiger dünner Datenbasis schlagen die meisten Online-Shops lediglich Produkte vor, die ohnehin viele Menschen gekauft haben.
Mit dem bevorstehenden Ende der Thirdparty-Cookies verschärft sich das Problem. Zwei Drittel aller Kunden sind schon jetzt von den Abfrage-Layern genervt. Ein Großteil der potenziellen Kundschaft ist mit Personalisierung in der bisherigen Form bereits heute nicht erreichbar. Das bisherige Konzept mit Echtzeit-Empfehlungen auf der Basis von historisch gesammelten Nutzerdaten stößt an seine Grenzen.
Ein Ausweg aus der Recommendation-Falle wäre Visuelle Intelligenz. Bildbasierte Recommendations kommen nicht nur gänzlich ohne Cookies aus. Sie führen auch zu Produktvorschlägen, die in der Regel wesentlich präziser und besser das Bild wiedergeben, welches die Kunden wirklich im Kopf haben, wenn sie online auf Einkaufstour gehen.
Visueller Intelligenz analysiert innerhalb von Millisekunden mehr als 1.000 Merkmale eines Produktbildes und schlägt auf dieser Basis stilistisch passende Produkte vor. Im Fall des grünen Cocktailsessels würde also eine Auswahl ähnlicher, vornehmlich grüner, Sitzmöbel vorgeschlagen, die sehr wahrscheinlich der Intention des Suchenden wesentlich näherkämen. Der Einsatz dieser Technologie führt nachweislich zu höheren Verkaufszahlen. In Tests, die wir mit Kunden dazu durchgeführt haben, hat sich die Conversion Rate auf die Recommendations um 258 Prozent erhöht.
Es lohnt sich also, Menschen in dem Moment der Kaufabsicht das wirklich passende Produkt vorzuschlagen. Zeigen wir's ihnen. An alle Online-Händler: Lassen Sie sich inspirieren. Das könnte auch dir gefallen.
DER AUTOR
Philipp Derksen, 43, ist Gründer und Product Owner von Vviinn einer KI-basierten Softwarelösung für visuelle Produktsuche und Produktempfehlungen für Onlineshops. Der Berliner Unternehmer und Diplomingenieur arbeitet seit über 20 Jahren im Online-Business und seit 15 Jahren im E-Commerce. Sein Unternehmen Mediaopt entwickelt seit 2009 Software-Lösungen für die E-Commerce-Branche und berät Unternehmen bei ihrer digitalen Vertriebsstrategie.
Den Originalbeitrag finden Sie hier.
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